Leseprobe Vergissmeinnicht und Guglhupf

 Kopftuchmädchen

Um Gottes Willen, Kind, wie siehst du denn aus? So willst du zu Tante Hermines 60. Geburtstag erscheinen, auf dem Land, auf dem Bauernhof, wo das halbe Dorf zusammenkommt? Die trifft der Schlag, das geht gar nicht.“ 

Die junge Frau drehte sich schwungvoll einmal rund um sich selbst: Die geblümte Schlaghose reichte über die hohen Schuhe mit Plateau-Absatz bis auf den Boden und der zarte, fast durchsichtige Stoff bauschte sich wie ein Reifrock um ihre schlanken Beine. Das ärmellose T-Shirt, im Nacken geknotet, betonte die Taille und um die Stirn hatte sie ein Seidentuch geschlungen, dessen Enden seitlich über die langen blonden Haare bis zur Schulter fielen.

„Oma, das ist der letzte Schrei, die neueste Mode, total chic“, die junge Frau, gerade mal 19 Jahre jung, strahlte noch immer, „weißt du—genauso wie die Agnetha aus der ABBA-Gruppe … und überhaupt – heute sind wir ja noch unter uns, die Gäste kommen schließlich erst morgen zur Geburtstagsfeier …“

„Mein Gott, jetzt ist es sowieso zu spät, als dass du dich nochmals umziehen könntest—hast du denn für morgen wenigstens einen Rock oder ein Kleid dabei?“, die Großmutter schaute nervös auf die Uhr. 
„Ja, ja Oma, mach dir keine Sorgen“, meinte die junge Frau und hakte die Großmutter unter, „und jetzt komm“. 
...

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